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Eriwan, eine geheimnisvolle Stadt im Aufbruch

http://www.welt.de/reise/Fern/article9679412/Eriwan-eine-geheimnisvolle-Stadt-im-Aufbruch.html

Die armenische Hauptstadt hat seit dem Ende der Sowjetzeit einen großen Sprung nach vorn gemacht. Statt Tristesse herrscht Aufbruchstimmung. Von Rolf Hosfeld

Ein paar schüchterne Plastikstühle und -tische standen Ende der 90er-Jahre auf den Grünflächen nahe der Eriwaner Oper, als ich zum letzten Mal hier war. Heute ist der Ort, besonders in den warmen Monaten, bis in die Nacht ein einziger Tummelplatz. Seit etwa fünf Jahren ist ein Boom ausgebrochen in Armeniens Metropole. Eriwan, die traurige, die dunkle, die geheimnisvolle Stadt am Fuß des ewig mit Schnee bedeckten Ararat, hat sich gehäutet. Ein Café neben dem anderen, dem internationalen Stil komfortabler Korbmöbel verpflichtet, und überall elegant ihre Tabletts zwischen den Tischen balancierende Kellner.

Früher sah man hin und wieder ein vergilbtes Bild von Charles Aznavour - dem berühmtesten aller Armenier - irgendwo verloren im Fenster hängen. Es sollte den Traum von westlicher Lebensart verkörpern. Heute ist es realer levantinischer Geschäftssinn, der französische Lebensart ins wirkliche Leben transportiert hat. Es sind zurückgekehrte Armenier aus dem Libanon oder aus Syrien, die dem Land ihrer Vorväter eine Erfrischungskur verordnet haben.

Es gibt mittlerweile nichts, was es nicht gibt, sagt die Studentin Alpine Narsajan, 22, in fließendem Deutsch. Wir sitzen in einem Straßencafé am belebten Platz der Republik mitten im Zentrum der Stadt, umgeben von den wichtigsten Regierungsgebäuden, dem Historischen Museum und der staatlichen Gemäldegalerie. "Jede Menge Bars, Clubs", erzählt sie, "und seit einiger Zeit auch eine lebendige Rockmusikszene, von Soft bis Heavy Metal." Vieles hat sich geändert seit meinem letzten Besuch. Auffällig: Vor allem die Frauen sind selbstbewusster geworden.

Die Evolution der weiblichen Kleidung verlief in den vergangenen zehn Jahren vom selbst geschneiderten Kostüm nach französischen Schnittbögen zur hautengen Jeans Moskauer Prägung, stets formvollendet zum Abschluss gebracht mit auffälligen High Heels. Deren Klappern auf dem Pflaster bildet ein beständiges Hintergrundgeräusch auf den belebten Boulevards. Eine Generation darunter sind seit Kurzem Turnschuhe in Mode gekommen. Vor Jahren herrschten im Outfit noch dunkle Töne vor, gern schwarz dominiert. Heute ist alles deutlich farbiger geworden. Bunt heißt sich freuen, sagt Alpine mit Verweis auf eine alte Weisheit ihrer Großmutter. Sie lächelt. Ja, die kultivierte armenische Traurigkeit kann einem schon auf die Nerven gehen.

Der Postsozialismus hat auch in Armenien, verspätet durch die Wirren des Karabach-Kriegs in den 90er-Jahren, den Kapitalismus zum Blühen gebracht. Von Marktwirtschaft kann allerdings nur in Grenzen die Rede sein. Das Land wird in weiten Teilen von einer Oligarchie beherrscht, und oft sind es die harten Kämpfer aus Karabach, einige mit KGB-Vergangenheit, die dem Wirtschaftsleben seine eigene Prägung aufgezwungen haben.

Nicht wenige von ihnen zählen heute zu den Happy Few, bei denen der Rubel wie aus einer nie versiegenden Wundertüte rollt. Man fragt besser nicht nach den Mitteln, mit denen sie dies erreicht haben. Im Krieg sind sie kaltblütig und machtbewusst geworden und in gewisser Weise auch im Zivilleben Warlords geblieben. Leicht kann es passieren, dass sie mit ihren Autokonvois mutwillig den Straßenverkehr behindern oder sich großspurig zur Jagd mit Hubschrauber und Kalaschnikow im Gebirge treffen. Politik und wirtschaftliche Macht sind undurchsichtig miteinander verwoben, Korruption ist ein alltägliches Problem. Trotzdem scheint der Ausgleich zwischen Eigen- und Gesamtinteresse besser zu funktionieren als im benachbarten Georgien. Straßenkriminalität ist in Eriwan, anders als in Tiflis, kaum bekannt. Zur nächtlichen Magie der flanierfreudigen Stadt trägt das nicht unerheblich bei.

Premier Sarkissian, ein ehemaliger Banker, bemüht sich um eine gewisse Rationalisierung der Regierung und sogar, wie Alpine betont, um eine Angleichung mancher Gesetze an die EU. Das Leben ordnet sich, langsam und auf gewundenen Wegen. Der Glaube an die Zukunft nimmt zu. Doch es gibt auch eine weit verbreitete Sowjetnostalgie, besonders unter den Älteren. Stepan Stepanjan zum Beispiel, Ende 70, im maßgeschneiderten Anzug, grau in grau mit roter Krawatte, hat den umwerfenden Charme eines alten Seigneurs. Der ehemalige Kommunist ist immer noch als Historiker aktiv in der Akademie der Wissenschaften und von jungen Leuten als charismatischer Lehrer bewundert. Als Person wirkt er deutlich angenehmer als die Nouveaux Riches mit ihren übergroßen Sonnenbrillen.

Fast sowjetnostalgisch könnte man selbst angesichts der architektonischen Entwicklung in der Stadt werden. Das alte Eriwan mit seinen niedrigen orientalischen Häusern zwischen Platz der Republik und Oper ist inzwischen einer modernen Fußgängerzone gewichen, die zwischen Armani und Swiss Watches eher die Damen und Herren in den verdunkelten Limousinen als die täglichen Spaziergänger anlockt. Ein heftiger Streit tobt seit einiger Zeit um den Abriss des alten Kinos "Moskau" an der Abovyan-Aenue. Dort stand einmal eine Kirche, und dort soll wieder eine entstehen, obwohl sie gar nicht mehr ins Ensemble passt, das in den 30er- und 40er-Jahren entstand. Damals verstand man sich noch auf Ensemblebauten, was weniger ein Verdienst der Stalinzeit ist. Man mauerte ganz einfach so wie im 19. Jahrhundert: massive Häuser aus lokalem rötlichem Tuffstein mit angenehmer Traufhöhe, Säulen, Balkons, verziert mit armenischen Ornamenten.

Eriwans Bausubstanz stammt im Wesentlichen aus dieser Zeit. Sie trägt die Handschrift des eigenwilligen Stadtarchitekten Alexander Tamanyan, der alles andere als einen sowjetischen Einheitsstil im Auge hatte. Dabei ist Eriwan sehr alt. Die Gründung der Stadt geht auf das Jahr 782 vor Christus zurück. Erst nach dem Krieg wurden die Ruinen der alten Festung Erebuni freigelegt. Es ist mythisches Land. Babylon hinterließ in Erebuni seine sichtbaren Einflüsse, und der biblische Garten Eden lag nicht weit. Am Gipfel des allgegenwärtigen Ararat soll Noah mit seiner Arche gestrandet sein.

Armenien ist das älteste christliche Land der Erde mit ganz eigener Konfession, Schrift und Sprache, seine Staatskirche ist 20 Jahre älter als die des Vatikans. Anfang des 19. Jahrhunderts war Eriwan ein Marktflecken mit 12 000 Einwohnern. Er entwickelte sich langsam, nachdem die Russen 1827 die Stadt den Persern abgenommen hatten. Der große Urbanisierungsprozess setzte jedoch erst ein, als Eriwan nach dem Ersten Weltkrieg zu einer Arche Noah für die Gestrandeten des osmanischen Völkermords an den Armeniern von 1915/16 wurde. Heute zählt die Stadt deutlich über eine Million Einwohner und weist Höhenunterschiede von 950 bis 1200 Metern auf.

Flanieren in Eriwan bedeutet deshalb in weiten Teilen Bergsteigen. Den Baghramyan-Boulevard hinauf, am Parlamentsgebäude, der Akademie der Wissenschaften vorbei bis zur Amerikanischen Universität. Oder die hundert Meter hohe Kaskade hoch, wieder ein Projekt Tamanyans, dessen Statue am Fuß dieser terrassenförmigen Anlage thront. Sie wurde erst voriges Jahr durch großzügige Gelder des aus Brooklyn stammenden Armeniers Gerald L. Cafesyian restauriert, der in ihrer unteren Etage ein beeindruckendes Museum für moderne Kunst eingerichtet hat.

Auch der Weg zur Matenadaran, der Sammlung jahrhundertealter armenischer Handschriften und Miniaturbilder auf einer Anhöhe am Ende der zentralen Maschtots Avenue, erfordert eine gewisse alpine Konstitution. Ebenso ein Besuch in Tsitsernakaberd, was wörtlich so viel wie Schwalbenfestung bedeutet. Auf dieser Anhöhe steht seit 1968 ein großer Denkmalkomplex für die Opfer des Völkermords: ein 44 Meter hoher Obelisk, zwölf Pylonen rings um eine ewige Flamme und eine 100 Meter lange Mauer mit den Namen der Städte und Dörfer, aus denen die Opfer der Massaker stammten.

Millionen Armenier aus aller Welt kommen jedes Jahr am 24. April, dem Gedenktag an den Völkermord, nach Tsitsernakaberd, um an der ewigen Flamme Blumen niederzulegen. In diesem Jahr ging dem 95. Jahrestag ein besonderes Ereignis voraus. 95 Stauden aus Ostanatolien, dem ehemaligen Westarmenien, waren auf abenteuerlichem Weg über die hermetisch geschlossene türkische Grenze nach Eriwan gelangt und wurden in den Grünanlagen um das Denkmal zur Erinnerung an die Ermordeten angepflanzt. Initiator war der umtriebige Direktor der Foundation for the Preservation of Wildlife and Cultural Assets in the Republic of Armenia, Ruben Khachatryan. Er hat in Jerusalem Theologie und in Halle an der Saale Kunst studiert, er zählt heute zu den nicht wenigen jungen Kräften, die dem Land einen Weg weisen, wie man mit Fantasie und Energie die Zukunft erobern kann.

Seine Foundation ist eine regierungsunabhängige NGO, die in vielen Dörfern des Landes mit Erfolg Schulkinder in Ökoklubs organisiert hat, mit ihnen Bäume in kargen Bergregionen anpflanzt, ihnen die Natur des Landes erklärt und darüber hinaus auch Fremdsprachen beibringt. Nachhaltigkeit, Weltoffenheit und das modellhafte Vorführen demokratischer Diskurse ist ihr Ziel. Armenien, sagt Ruben, hat bisher weder die politischen noch die wirtschaftlichen Führer, die das Land eigentlich braucht. Die Überwindung des sowjetischen Erbes und der tieferen Schichten orientalischer Mentalität, so seine feste Überzeugung, muss durch Initiativen in der zivilen Gesellschaft ihren Anfang nehmen, wenn sie dauerhaft betrieben sein will. Die junge Studentin Alpine Nasarjan formuliert es so: "Wenn wir es nicht tun, wer dann?"

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